Mit dem Bruch der Ampel-Koalition verschiebt sich die Reform der privaten Altersvorsorge erneut. Deutschland braucht aber dringend eine renditestarke, flexible Altersvorsorge. Das vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagene Altersvorsorgedepot weist in die richtige Richtung und hat bei Wissenschaftlern und Verbraucherschützern sowie in der Öffentlichkeit große Zustimmung gefunden. Deutschland würde mit dieser Reform international den Anschluss schaffen. Pläne für staatliche Eingriffe im privaten Markt sind in fortschrittlichen westlichen Volkswirtschaften dagegen unbekannt.
Der Ende September vorgelegte Gesetzentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge folgt den Empfehlungen der von der Bundesregierung eingesetzten Fokusgruppe: Diese hatte im Juli 2023 ihren Abschlussbericht vorgelegt und empfiehlt, auf den Zwang zur Beitragsgarantie in der Einzahlphase und zur Verrentung in der Auszahlphase zu verzichten. Kernstück ist ein Altersvorsorgedepot, das die Sparer unter anderem mit Fonds befüllen können. Ziel ist es, höhere Renditen als bei den bisherigen Riester-Verträgen zu ermöglichen. Gerade Spar- und Auszahlpläne mit Aktienfonds sind bei langen Zeiträumen renditestark.
Die oft geäußerte Befürchtung, dass ein Fondsauszahlplan, eine sogenannte Fondsrente, nicht bis zum Lebensende reicht, ist in der Regel unbegründet. Unsere Berechnungen zeigen, dass in rund 96 von 100 Fällen das Fondskapital bis zum Lebensende reicht. Selbst wenn es vorzeitig aufgezehrt wird, deckt die Fondsrente den größten Teil des Ruhestands ab. Aber auch wenn das Kapital früher aufgezehrt ist, müssen die Fondsrentner keine Angst um ihre Existenz haben. Den Hauptteil der Alterseinkünfte sichert die gesetzliche Rente, einige haben zudem eine Betriebsrente. Die Fondsrente dagegen ist eine private Zusatzrente und dient allein der Lebensstandardsicherung.
Dem geringen Risiko des vorzeitigen Aufzehrens des Fondskapitals stehen beträchtliche Chancen gegenüber. Unsere Berechnung zeigt, dass bei der Fondsrente am Lebensende sogar erhebliche Beträge übrigbleiben, im Schnitt mehr als zwei Drittel des Startkapitals zum Rentenbeginn. Das bietet den Fondsrentnern Flexibilität: Sie können ihre jährlichen Auszahlungen nach guten Börsenjahren erhöhen, ohne das Kapital mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit vorzeitig aufzubrauchen. Das ist mit einer privaten Rentenversicherung nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Die Fokusgruppe rät auch, die Idee eines Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge nicht weiter zu verfolgen. Hier wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Modelle wie Extrarente, Deutschlandrente oder Bürgerfonds diskutiert. Die Abkehr der Fokusgruppe von dieser Idee ist ein wichtiges Signal. Denn ein Eingriff des Staates in den privaten Markt verhindert Produktvielfalt und fairen Wettbewerb.
Auch das Genrationenkapital liegt nun auf Eis. Es sollte den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung einläuten. Die Erträge des Genrationenkapitals sollten künftige Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Rente dämpfen. Geplant war, den für das Generationenkapital notwendigen Kapitalstock ab 2024 zunächst auch über Darlehen von 12 Milliarden Euro pro Jahr zu finanzieren. Die aus dem Kapitalstock zu erzielenden Wertpapiererträge sollten die Darlehenszinsen decken und darüber hinaus ab Mitte der 2030er Jahre die gesetzliche Rentenversicherung stärken.
Investitionen in Produktivkapital mit dem Ziel, die stetig steigenden Steuerzuschüsse für die gesetzliche Rentenversicherung mittelfristig zu reduzieren, begrüßen wir. Wir haben jedoch kritisiert, dass sich die Bundesregierung mit der geplanten Darlehensfinanzierung vom ursprünglich vorgelegten Modell der Aktienrente nach schwedischem Vorbild abgewendet hatte. In Schweden erfolgt die Finanzierung nicht über ein Staatsdarlehen, sondern über regelmäßige Beitragszahlungen der Arbeitnehmer in einen staatlich organisierten Fonds oder auch in Fonds privater Anbieter.
Die Fondsbranche ist der größte Verwalter von Altersvorsorgekapital in Deutschland. Zur Jahresmitte 2023 verwalteten die BVI-Mitglieder 1.780 Milliarden Euro für Altersvorsorgezwecke. Das entsprach 44 Prozent des von der Branche insgesamt verwalteten Vermögens von rund 4.000 Milliarden Euro.